Kleiderordnungen

Autor: Dr. Martina Haggenmüller

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert sind in Deutschland regelmäßige Kleiderordnungen zu konstatieren, die das Ziel verfolgten, den Kleideraufwand zu reglementieren und offen zur Schau getragene Eitelkeiten einzudämmen. Den Kleiderordnungen lagen sittlich-moralische, sozialfürsorgerische, aber auch auf Konservierung der sozialen Schichtung bedachte Motive zugrunde. Für Augsburg sind verschiedene solcher Ordnungen, vor allem aus dem 16. und 17. Jahrhundert, überliefert. Erlassen wurden die Kleiderordnungen teilweise in Verbindung mit allgemeinen Polizeiordnungen oder zusammen mit anderen Aufwandsgesetzen (Hochzeits- und Taufordnungen) sowie als selbstständige Kleiderordnungen. Die einzelnen Bestimmungen betrafen das Material der Stoffe, die Herstellungskosten der Kleidung und vor allem das Tragen von Schmuck. Jeder Abschnitt endet mit einer Strafformel für den Verstoß gegen die Regelung. Spätestens ab dem 16. Jahrhundert stellten die Kleiderordnungen ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Gliederung bzw. Hierarchie der Stadt dar und waren dementsprechend auch zeitlich bedingten Veränderungen unterworfen. Während etwa die Kleiderordnungen von 1537 die Bürger und Einwohner von Augsburg noch allgemein zu einer dem jeweiligen Stand angemessenen Kleidung ermahnt, unterscheidet die Ordnung von 1582 bereits zwischen Angehörigen der Herrenstube, der Kaufleutestube, der Handwerkerschaft und der Dienstboten. Diese Abgrenzungen werden im Laufe des folgenden Jahrhunderts noch differenzierter, so dass sich schließlich 1735 eine Einteilung der Bevölkerung in fünf Klassen ergibt: 1. Angehörige der Geschlechter (Patriziat), Doctores, Licenciaten; 2. Angehö­rige der Kaufleutestube, Literati der hö­heren Fakultäten, Mitglieder der Stadtgemeinde in Rat und Gericht, vornehme Stadtbedienstete; 3. Kunsthandwerker; 4. Stadthandwerker, gemeine Kramer, Dienstboten; 5. alle weiteren (Fuhrleute, Taglöhner etc.). Neben verfassungsrechtliche und wirtschaftliche Gliederungsaspekte waren nun also die des Bildungsgrades getreten, so dass eine Auffächerung bzw. Aufweichung der rechtlichen Standesgliederung erfolgte. Dem entspricht eine parallel stattfindende gesellschaftliche Nivellierung der Unter- wie der Oberschichten.

Literatur:

Liselotte Constanze Eisenbart, Kleiderordnungen der deutschen Städte zwischen 1350 und 1700, 1962

Veronika Baur, Kleiderordnungen in Bayern vom 14. bis zum 19. Jahrhundert, 1975

Ingrid Bátori, Die Reichsstadt Augsburg im 18. Jahrhundert, 1969, 18

Welt im Umbruch 1, 1980, 175 f., 361.

Augsburger Damenmode um 1710