Territorialhoheit

Autor: Prof. Dr. Rolf Kießling

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Im Gegensatz zu anderen süddeutschen Reichsstädten gelang es Augsburg nicht, ein größeres geschlossenes Territorium aufzubauen, obwohl es Ansätze dazu gab, Elemente städtischer Territorialhoheit aus verschiedenen Wurzeln zusammenzufügen. Diese waren:
  • 1) Die städtische Oberhoheit über den Spital- und Stiftungsbesitz als Form der indirekten Herrschaft, die durch die Kommunalisierung des Heilig-Geist-Spitals, des Siechenhauses St. Servatius und verschiedener geistlicher (St. Georg, Paritätische St. Martinsstiftung) und sozialer Stiftungen (Findelhaus, Paritätische St. Jakobsstiftung, St. Antonspfründe, Seelhäuser) erfolgte. Über das Instrument der Pflegschaft, eine Art Schirmherrschaft, verschaffte sich der Rat entscheidende Mitwirkungsrechte bei der Güterverwaltung und hoheitlichen Vertretung nach außen, die im Zuge der Konzentration von Ehaften und Niedergerichtsrechten zur Ortsherrschaft entwickelt werden konnten. Aufgrund des Streubesitzes inmitten hochstiftischer, domkapitelscher, klösterlicher bzw. stiftischer und adeliger Güterkomplexe in Mittelschwaben ließ sich dieser Besitz zwar nicht arrondieren, aber immerhin bis zur Säkularisation bzw. Mediatisierung halten.
  • 2) Ein paralleler Ausbau der Pflegschaft über die Bettelordenskonvente, vor allem die Frauenklöster der Stadt mit ihrem großen Landbesitz, sowie über Bürgerrechtsbeziehungen zu auswärtigen Klöstern und Stiften bröckelte aufgrund der weiteren Herrschaftsentwicklung ab, nachdem bereits Anfang des 15. Jahrhunderts die Rechte der Ausbürger und Pfahlbürger abgebaut werden mussten.
  • 3) Das durch ein Privileg Karls IV. 1359 zugestandene Recht, im Zuge der Landfriedensorganisation die Bauern der benachbarten Dörfer aufzubieten und zu besteuern (1362: 130 Orte, 1489: 132 Orte mit 1640 Bauern), ließ sich noch Ende des 15. Jahrhunderts gegenüber konkurrierenden Ansprüchen vor allem des Hochstifts behaupten.
  • 4) Die Übernahme der sogenannten Unteren (Reichs-) Landvogtei durch die Stadtvogtei (Vogtei), im Laufe des 15. Jahrhunderts gemeinsam verwaltet, beinhaltete ebenfalls den Anspruch auf Hochgericht und Besteuerung für den Bereich Gersthofen-Langweid, doch führte die ausgeprägte Dorfherrschaft des Domkapitels um 1500 zu erheblichen Auseinandersetzungen, ehe ein Vergleich von 1511 eine geteilte Rechtsbasis festschrieb. Die südlich der Stadt gelegene sogenannte Straßvogtei von Göggingen bis Schwabmünchen, seit 1336/48 vom Reich an den Bischof verpfändet, ließ sich trotz einer Zusage im Privileg von 1431 nicht einlösen, so dass eine Territoriumsbildung in diesem Raum nicht weitergeführt werden konnte. Ein ähnlicher Versuch bei der Reichspflege Wörth in den 1530er Jahren scheiterte ebenfalls.
  • 5) Pfandschaftsbesitz des Rates von Bayern, nämlich die Herrschaft Schwabegg 1494-1500 und 1504-1528, konnte nicht auf Dauer gehalten werden.

Literatur:

Alfred Schröder, Die staatsrechtlichen Verhältnisse im bayerischen Schwaben um 1801, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 32 (1906)

Pius Dirr, Zur Geschichte der Vogtei an der Straße und des Schwabmünchner Dorfrechts, in: ebenda 34 (1908), 186-201

Rolf Kießling, Bürgerliche Gesellschaft und Kirche in Augsburg im Spätmittelalter, 1971, 203-214

Ders., Herrschaft, Markt, Landbesitz, in: Zentralität als Problem der mittelalterlichen Stadtgeschichtsforschung, 1979, 180-218

Detlev Schröder, Stadt Augsburg, 1975, 168-170

Joachim Jahn, Augsburg Land, 1984, 55-63, 510-536

Rolf Kießling, Augsburg zwischen Mittelalter und Neuzeit, in: Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart, 21985, 187-192

Hans Bauer, Schwabmünchen, 1994.